Ertrunkene Flüchtlinge, brennende Asylheime
Artikel von Flo Wasser
„ 400 Menschen gestorben am 12. April 2015“ stand groß auf der Titelseite der Taz, darunter die Trauermeldung: „ Plötzlich und leider zu erwartbar ist vor der Küste Libyens erneut ein Flüchtlingsschiff untergegangen. Weniger als 150 der circa 550 Insassen wurden gerettet.“
Damit widmet die Taz dem Unglück im Mittelmeer mehr Aufmerksamkeit als alle anderen goßen Zeitungen es taten. Sicher erinnern wir uns alle noch daran wie tage-, wochenlang über den tragischen Absturz bei Germanwings berichtet wurde. Mehrere Ausgaben konnten Bild und Co. mit „Berichten“ über die Lage vor Ort, die Zahl der Opfer und das Leid der Hinterbliebenen füllen. Nicht anders war das als die Costa Concordia auf ein Riff lief und 32 Menschen starben. Tagelang waren die Nachrichten voll mit Bildern des havarierten Kreuzschiffes und des unfähigen Kapitäns.
Mit dem Untergang des Flüchtlingschiff wird es nicht so sein. Warum nicht?
Sind 400 afrikanische Leben etwa weniger wert als 150 deutsche?
Wie oft hörten wir, dass unter den Opfern des Absturzes so viele SchülerInnen waren? Die meisten Menschen auf der Flucht sind unter 18, also ist davon auszugehen, dass unter den Toten auch ca. 200 Kinder und Jugendliche sind, die qualvoll ertranken als sie vor dem Elend, dass sie zu ersticken drohte, flohen.
In bürgerlichen Medien wird jetzt oft und wortreich festgestellt, dass die SchlepperInnen ja an solchen Katastrophen schuld seien. Dass das vollkommener Schwachsinn ist erklärte das VICE Magazin sehr gut: „Das ist ungefähr so aufrichtig, als würde man dreilagigen NATO- Draht um sein Grundstück ziehen – und wenn dann das Nachbargrundstück brennt und die Nachbarn versuchen, trotzdem über den Zaun zu klettern, gibt man den Leuten die Schuld, die Decken über den Stacheldraht werfen, weil die Decken manchmal zu dünn sind und die verzweifelten Nachbarn im Draht verbluten. Statt sich damit auseinanderzusetzen, dass man selbst den Zaun gebaut hat, der dieses Elend überhaupt erst nötig macht.“ (Quelle: http://www.vice.com/de/read/eine-ganz-normale-woche-in-deutschland-663?utm_source=-vicefb)
Nicht die Schlepperkriminalität ist der Grund dafür, dass das Mittelmeer zum Massengrab wird, sondern der Imperialismus. Hunger, Krieg und Krise zwingen die Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen- unter Einsatz ihres Lebens.
Und wenn es den europäischen Piratenflotten tatsächlich darum ginge, den Schleppern einen Schlag zu versetzen, dann sollten sie mit ihren Schiffen an den Küsten Nordafrikas ankern und allen eine sichere Passage ermöglichen.
Stattdessen werden Millionen für Stacheldraht und Mauern ausgegeben um auch die, die nicht ersoffen sind, abzuwehren.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass die Reise nach Europa so gefährlich ist, sind die Refugees auch hierzulande großer Gefahr ausgesetzt. Sei es durch die Verschärfung der ohnehin schon scharfen Asylgesetzgebung, durch alltägliche Diskriminierung und Repressalien oder durch Angriffe von Nazis.
Dienstag brannten Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg und Berlin, Samstag wurde ein Heim in Taunus mehrfach beschossen, in Wuppertal machten Nazis Fotos in einer Unterkunft und in Witten wurde eine Moschee angezündet. Auch in Tröglitz wurde ein Haus, in das in naher Zukunft 40 Refugees einziehen sollten, angezündet. Dass es bei all diesen Angriffen noch keine Toten wie `92 gab, ist ein großer Zufall!
Unsere Solidarität gilt allen, die von den Angriffen betroffen sind und allen, die sich gegen diese wehren und sich gegen Fremdenhass und Rassismus einsetzen.
Einen besonderen Dank an Flo Wasser für die Nutzung des Artikels und die Urlaubszeit in Bayern.